Die verschollene Freundin von Tbilisi

Nach einer Woche georgischer Pampa hielt das Land doch noch ein paar Überraschungen für uns parat. Für die Fahrt nach Tbilisi fiel die Verkehrsmittelwahl aus Zeitgründen wieder einmal auf eine unbequeme, gefährliche, aber schnelle Mitfahrt in der Marschrutka. Georgier sehen das ähnlich und finden es indes bequemer als mit dem Zug – verkehrte Welt. Alles umsonst, wie sich später herausstellte. Gegen drei Uhr nachmittags erreichten wir den etwas chaotischen Busbahnhof nebst Zentralmarkt am Stadtrand von Tiflis. Mit der Metro ging es ins Zentrum, wo wir eine deutsche Freundin, Esther, die ich in Riga kennengelernt habe, treffen wollten. Trotz mehrmaliger Kommunikationsversuche, haben wir uns jedes Mal an den vereinbarten Treffunkten verfehlt. Nachdem auch der dritte Anlauf missglückt war – es war inzwischen acht Uhr abends – gaben wir auf und gingen in die nächste Kneipe, um übers Internet ein Bett für den heutigen Abend ausfindig zu machen. Da Esther am nächsten Morgen die Stadt verließ, wissen wir bis heute nicht, wie sich die Ereignisse nun wirklich zugetragen haben.Schade, aber ein Treffen schien am heutigen Abend schlichtweg unmöglich, wären wir nur gemütlich mit der Bahn gefahren. Auf im Ausland lebende Deutsche ist eben kein richtiger Verlass 😉

Der erste Eindruck von Georgiens Hauptstadt ist bunt. Auf dem Heimweg werden wir von einem nach klassischer Musik ändernden Springbrunnen begrüßt
Der erste Eindruck von Georgiens Hauptstadt ist aufregend: auf dem Heimweg wurden wir von einem Springbrunnen begrüßt, der zu klassischer Musik spritzt
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Die Festungsanlage oberhalb von Thermalquellen
Das green house hostel hält was es verspricht: Entspannung pur ;)
Das green house Hostel hält, was es verspricht: Entspannung pur 😉 und hat erstaunlich liebenswerte Gastgeber
Die einzige, noch verbliebene Seilbahn in Tbilisi verbindet die Festungsanlage mit der anderen Flussseite. Bedenken braucht man keine zu haben
Die einzige, noch verbliebene Seilbahn von Tbilisi verbindet die Festungsanlage mit der anderen Flussseite. Bedenken braucht man bei dieser neuen Technik jedoch keine zu haben…

Das quirlige Hauptstadtleben war für uns völlig fremd. Touristen und ein belebtes Zentrum mit verkehrsberuhigten (!) Straßen gab es seit Istanbul nicht mehr. Dennoch kam mir die kaukasische Metropole mit über einer Millionen Bewohnern tagsüber gefühlt kleiner vor. Man stelle fest und wende folgenden Schlüssel an: verglichen mit anderen europäischen Städten beträgt die gefühlte Größe einer georgischen Stadt etwa einem Viertel ihrer Einwohnerzahl. Abgesehen von den nicht identifizierbaren georgischen Schriftzeichen, bestehend aus Eistüten und Schlangen, kam mir die das Verhalten der Menschen auf der Straße sehr russisch, zurückhaltend und distanziert vor. Am Abend landeten wir in einer der modernen Flaniermeilen des überschaubaren Zentrums und zelebrierten die neue gewonnene Zivilisation bei Livemusik und einer Hopfenkaltschale. Die nächtliche Szene war international und gut besucht, wir kamen uns in Anbetracht der zahlreichen herausgeputzten Schönheiten etwas unterrepräsentiert vor. Halb so wild, wollten wir doch den nächsten Tag früh mit einen Ausflug in den Kaukasus beginnen: mit der Marschrutka ging es in drei Stunden die georgische Heerstraße, die Georgien mit Russland verbindet, auf zwischenzeitlich 2500 m hinauf in den Ort Stepanzminda, das sich schon nahe der russischen Grenze befindet. Dort erklommen wir die Wallfahrtskirche Zminda Sameba aus dem 14. Jahrhundert auf unwegsamen Gelände. Wir hatten Glück, da die Sicht auf das Tal und den 2000 m höher gelegenen Berg Kasbek gut war. Nach der griechischen Mythologie wurde Prometheus an diesen Berg gekettet, da er den Göttern das Licht gestohlen hatte. Ein Adler riss ihm täglich die immer nachwachsende Leber aus dem Leib.

Auf geht's: einstündiger Fußmarsch zum Kloster Kazbeki, vor dem gleichnamigen 5000 m-hohen Berg
Hinauf geht’s zur Kuppelkirche vor dem 5047 m-hohen Berg Kasbek, über dessen Gipfel die georgisch-russische Staatsgrenze verläuft
Blick auf das Dorf Kazbeki
Blick auf das Dorf Stepanzminda
Das Kloster Kazbeki liegt malerisch auf 2300 m Höhe mitten im Kaukasus kurz vor der georgisch-russischen Grenze
Das Kloster liegt malerisch auf 2300 m Höhe im Kaukasus, das nicht nur wir zu schätzen wussten
Der Aufstieg zum Kloster auf 2300 m ist geschafft
Der Aufstieg zum Kloster ist geschafft!
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Traumhafte Täler entlang der Gebirgsstraße auf der Rückfahrt nach Tbilisi

In den letzten beiden Tagen haben wir immerhin noch ein anderes Georgien gesehen – wir waren von den mächtigen Gipfeln des Kaukasus angetan. Das nächste Mal würde ich hier eine Mehrtagestour von Dorf zu Dorf durch das herrliche Gebirge oder in eine der unabhängigen Provinzen unternehmen, aber wir mussten noch am selben Tag wieder nach Tbilisi zurück, da wir mit dem Nachtzug nach Armenien fahren wollten, der nur an ungeraden Tagen verkehrt. So ist das mit dem Reisen: schlägt man ein Kapitel auf, so begegnen einem gleich ein Dutzend weiterer, spannender Ziele.

Bequem geht es am späten Abend von Tbilisi nach Yerevan: erst mal die nicht vorhandene WiFi-Verfügbarkeit prüfen :)
Bequem geht es am späten Abend von Tbilisi nach Yerevan. Erst mal die nicht vorhandene WiFi-Verfügbarkeit prüfen 🙂

Die Nachtzugfahrt war sehr ruhig, da wir den ganzen Waggon für uns allein hatten. Sämtliche benachbarten Abteile waren von georgischen Grenzbeamten okkupiert, die Stapel von Pässen mit ihren Laptops kontrollierten. Bis zur armenischen Grenze war es nicht mehr weit. Wir saßen, isoliert, im wohl hektischsten Waggon des Zuges und durften das Abteil nicht verlassen. Diesmal war uns das Kennenlernen anderer Mitreisender leider versagt.

ეს იყო ლამაზი საქართველო – Հայաստանը, այստեղ մենք գալիս!

Schön war’s in Georgien – Armenien, wir kommen!

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